Öffentliche Jahrestagung des Landkreistages Sachsen-Anhalt am 3. September 2021 in Aschersleben, Salzlandkreis:
Landkreise fordern mehr Unterstützung für das Verfassungsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im ländlichen Raum

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Die elf Landkreise haben auf ihrer heutigen Landkreisversammlung von der Landespolitik in der neuen Legislaturperiode 2021 - 2026 konkrete Maßnahmen für eine gleichwertige Entwicklung der ländlichen Räume eingefordert.

Vor gut 150 Gästen in Aschersleben stellte Landrat Michael Ziche, Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, mit Blick auf den vorliegenden Entwurf des Koalitionsvertrages fest:

„Da der ländliche Raum in Sachsen-Anhalt rd. 97 % der Fläche umfasst, in der rd. 75 % der Bevölkerung wohnen, ist es absolut richtig, dass die Koalitionspartner diese Gebiete stärker in den Blickpunkt ihres Handelns rücken wollen. Damit aber die Landkreise und ihre Gemeinden als Wohn-, Wirtschafts-, Arbeits-, Bildungs- und Verwaltungsstandorte attraktiv bleiben, müssen auch die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.“

Hierzu hatten die Landkreise am Vortag das als Anlage beiliegende Papier

„Ländliche Räume gleichwertig weiterentwickeln!“

mit verschiedenen Forderungen zu den acht wichtigsten Themenbereichen beschlossen, das Präsident Ziche in der öffentlichen Sitzung am Freitagmorgen näher erläuterte:

  • Die kreisliche Selbstverwaltung muss durch mehr Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume für die vielen tausend Kommunalpolitiker vor Ort gestärkt werden.
  • Der Breitbandausbau ist deutlich zu beschleunigen und hat flächendeckend auf Gigabit-Niveau zu erfolgen. Auch müssen kurzfristig alle Schulen mit Glasfaser versorgt werden.
  • Die Mobilitätsangebote für die Bürgerinnen und Bürger müssen durch einen attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr mit enger Taktung, hoher Beförderungsqualität und schnellen Direktverbindungen zu den Oberzentren ausgebaut werden.
  • Für die Nutzung des Autos als weiterhin wichtigstes Verkehrsmittel in der Fläche ist ein intaktes Straßennetz zwingend. Die Landkreise benötigen für die dringendsten Investitionen an dem über 4.000 km langen Kreisstraßennetz mindestens 40 Mio. Euro/Jahr.
  • Die haus- und fachärztliche Versorgung muss dauerhaft gesichert werden. Kurzfristig ist die Investitionsförderung des Landes für Krankenhäuser spürbar anzuheben, um weitere wirtschaftliche Schwierigkeiten der Einrichtungen zu verhindern.

„Mangels eigener Steuereinnahmen werden die Landkreise diese Ziele nicht aus eigener Kraft erreichen können. Da die Themen aber auch im Koalitionsvertrag benannt sind, setzen wir auf die Unterstützung des Landes durch die Änderung bestehender rechtlicher Vorgaben und die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel,“ so Präsident Ziche.

Der Landkreistag hofft hierzu sehr schnell nach Bildung der neuen Landesregierung auf erste Gespräche, weil dringender Handlungsbedarf besteht.

Zu der bekannt schwierigen Finanzausstattung der Landkreise machte Präsident Ziche deutlich, dass die Landkreise als einzige Gebietskörperschaft über keine eigenen Steuereinnahmen verfügen und daher auf einen auskömmlichen kommunalen Finanzausgleich durch das Land und eine rechtssichere Kreisumlage von den Gemeinden angewiesen sind.

„Über das Finanzausgleichsgesetz sollen zwar ab 2022 rd. 100 Mio. Euro mehr verteilt werden. Die entsprechenden Berechnungsgrundlagen liegen aber noch nicht offiziell vor und müssen erst noch von uns geprüft werden,“ zeigte sich Präsident Ziche zurückhaltend.

Die Landkreise fordern weiter, die Konnexitätsregelung in Art. 87 Abs. 3 der Landesverfassung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2020 anzupassen. Präsident Ziche appellierte an die Damen und Herren Landtagsabgeordneten:

„Wenn unser oberstes Gericht urteilt, dass das Land auch bei der kostenintensiven Änderung bestehender Gesetze ausgleichspflichtig ist, muss dies auch in unserer Verfassung klargestellt werden, um Rechtssicherheit für Land und Kommunen zu erreichen.“

Zu den rd. 100 Klagen von kreisangehörigen Gemeinden gegen die Kreisumlagefestsetzung in Sachsen-Anhalt hofft der Landkreistag im Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu zwei Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27. September 2021 auf Beruhigung dieser Streitigkeiten. Präsident Ziche stellte aber auch klar:

„Die Welle an Klagen gegen die Festsetzung der Kreisumlage nutzt nur den Anwälten und entzieht letztlich dem kreisangehörigen Raum kommunales Geld, um das man mit der anderen Seite streitet.“

Anlage [PDF-Dokument: 142 kB]

03.09.2021